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13.10.2016

Holocaust-Erfahrungen von Erna de Vries in Auschwitz-Birkenau

Die heute 93-jährige Erna de Vries aus Lathen im Emsland berichtete am 13.10.2016 vor zahlreichen Zuhörerin im Antoniushaus in Vechta als eine von noch ganz wenigen überlebenden Zeitzeugen über ihre Erfahrungen im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Gebannt verfolgten die Zuhörer den Erzählungen über ihre Erfahrungen während des NS-Regimes und später im Lager Auschwitz-Birkenau.

Erna de Vries wurde 1923 als Kind des Ehepaares Korn, eines evangelischen Vaters und einer jüdischen Mutter, in Kaiserslautern geboren. Ihr Vater betrieb dort ein Speditionsunternehmen, welches die Mutter nach dem frühen Tod des Vaters im Jahr 1930 weiter führte. Schon als Kind hatte die Erzählerin unter den äußeren Anfeindungen wegen ihrer jüdischen Abstammung zu leiden. Nach Übernahme der Macht durch die Nationalsozialisten nahmen die Repressalien mehr und mehr zu.

Nachdem 1938 die jüdische Synagoge in Kaiserslautern verkauft und abgerissen wurde, um den Nationalsozialisten einen zentralen Platz für ihre Aufmärsche zu schaffen, führte ihr Weg sie nach Köln, wo sie zunächst einen Hauswirtschaftskurs und später in einem jüdischen Krankenhaus gearbeitet hat. In Köln machte sie erstmals Erfahrungen mit dem jüdischen Glauben und der jüdischen Tradition. Nach der Schließung des jüdischen Krankenhauses kam sie nach Kaiserslautern zurück, wo sie dann bis zu ihrer Deportierung im Jahr 1943 in einer Eisengießerei gearbeitet hat. Als ihre Mutter von Uniformierten abgeholt wurde, entschied sie sich, die Mutter zu begleiten, um nicht von ihr getrennt zu werden.

Die Erzählerin machte deutlich, dass sie und ihre Mutter wussten, was sie in Auschwitz erwartete. Obwohl Juden eigentlich nicht mehr im Besitz eines Radios sein durften, hatte ihre Mutter ein Radio versteckt, so dass sie heimlich die Entwicklung über den BBC-London Sender weiterverfolgen konnten. In Auschwitz kamen sie und ihre Mutter zunächst in ein Quarantänelager, nachdem ihnen ihre persönliche Habe abgenommen worden war, sie sich entkleidet hatten, sie mit einem Desinfektionsmittel sterilisiert und mit einer Nummer tätowiert worden waren. Namen hatten sie im Lager nicht mehr. Danach wurden sie zur Arbeit eingeteilt. Diese bestand darin, Schilf aus einem brackigen See herauszuholen. Bedingt durch die Arbeit waren sie ständiger Nässe ausgesetzt. Hinzu kam, dass es kaum etwas zu essen oder zu trinken gab und sie zudem stark mit Ungeziefer, wie Flöhen, Läusen etc. zu kämpfen hatten. Diese Umstände führten bei ihr zu einer Erkrankung an Flechmonie, welche sie körperlich extrem geschwächt hatte. Da in den Arbeitsgruppen permanent selektiert wurde, ob jemand noch arbeiten konnte oder nicht, stand schnell fest, dass sie bei der nächsten Selektierung aussortiert werden würde und in den Block 25 kommen würde. Aus diesem Block war, was den Menschen im Lager klar war, noch niemand zurückgekehrt.
Dass sie überlebt habe, verdankte sie einem Erlass von Himmler, der Halbjuden und Mischlinge von der Vergasung ausgenommen hatte. Kurz bevor sie in die Gaskammer getrieben werden sollte, hörte sie, wie ein SS- Mann ihre Nummer rief. Der SS war bei ihr ein Fehler unterlaufen, da sie aus obigem Grunde bereits auf der Liste für den Transport in das Frauenkonzentrationslager Ravensbrück stand. Der SS-Mann erklärte ihr, dass sie mehr Glück als Verstand habe und in das Lager Ravensbrück, einem Rüstungslager, überführt werden würde. Kurz vor der Überführung hierhin hat sie ihre Mutter ein letztes Mal in Ausschwitz gesehen und sich von ihr verabschiedet. Sie könne sich noch heute gut an die letzten Worte ihre Mutter erinnern, die waren: „Du wirst überleben und erzählen, was man hier mit uns gemacht hat." In Ravensbrück arbeitete sie dann bis Kriegsende, wobei die Bedingungen kaum besser als in Auschwitz waren, weil es auch dort nicht ausreichend zu essen und trinken gab.

Im Anschluss an die Erzählungen durch die Zeitzeugin hatten die Zuhörer die Möglichkeit, Fragen an sie zu stellen und sich ihr Buch durch sie handsignieren zu lassen.


Text und Fotos: Monika Südbeck-Hörmeyer

 
 
 
 
 

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